Labskaus in zwei Gängen
Labskaus in zwei Gängen
Ich sage ja immer, dass ich alles kochen kann, aber der Chinese sicherlich die bessere Peking-Ente macht und der Grieche vermutlich das bessere Gyros zubereitet. Jetzt hat mich das eingeholt, als ich zum Geburtstag das Lieblingsessen des Jubilars kochen sollte, Labskaus, das norddeutsche Surf ’n‘ turf. Das hatte ich bis dato noch nicht einmal probiert, geschweige denn zubereitet. Die Kombination von zermanschtem Matjes, Rindfleisch, Spiegelei, roter Bete und Gurke klang bisher einfach nicht so, dass meine emotionalen Geschmacksrezeptoren oder mein Drang nach Neuem dazu geführt hätten. Aber nun war es soweit. Ich durfte/musste mein erstes Labskaus zubereiten.
Beim Wolfen der Zutaten habe ich mich gefragt, warum man so einzeln betrachtet hochwertige Produkte so brutal miteinander vermengt und das brachte mich auf die Idee das Gericht in zwei Gängen zu servieren. Einmal wie gewünscht in einem Brei und einmal auseinandergebaut, wie ich es essen würde.
Warum die Zutaten gewolft werden und wo das Labskaus herkommt, könnt Ihr auf dieser Seite ganz unten nachlesen.
1. Gang: Labskaus auseinandergebaut mit Beef- und Matjes-Tatar, Salzgurke und roter Bete
Für die Vorspeise benötigt Ihr für 4 Personen
- 100 g Rinderfilet
- 15 g Ketchup
- 1 rote Bete Knolle
- 1 Salzgurke
- 1 eingelegten Babymais aus dem Glas
- 100 ml Rote-Bete-Saft
- 50 g Zucker
- 2 Matjesfilets
- 1 Kartoffel
- 8 Schalotten
- Dill
- Salz, Pfeffer
Den Zucker karamellisieren und mit dem Rote-Bete-Saft ablöschen. Danach die Flüssigkeit bis zu einer zähflüssigen honigartigen Konsistenz einkochen lassen. Die Flüssigkeit wird beim Abkühlen fester und zähflüssiger als in heißem Zustand. Am besten zwischendurch zum Testen mit einem Löffel ein wenig Flüssigkeit auf einen Teller geben und abkühlen lassen.
Die Kartoffel schälen und in Würfel mit 1 cm Kantenlänge schneiden. 30 min in kaltem Wasser wässern, damit die Stärke austreten kann, sonst wird die Kartoffel beim Ausbacken zu schnell braun. Dann die Würfel gut abtropfen und in 160°C heißem Fett 3 min ausbacken und zur Seite stellen. Kurz vorm Servieren die Kartoffelwürfel (Pommes Carrée) noch einmal 2 min im 180°C heißen Öl goldbraun ausbacken und danach salzen.
Den Matjes in feine Würfel schneiden und mit 2 Espressolöffeln kleine Nocken formen.
Die Salzgurke in 3 mm dicke und den Babymais in 2,5 cm dicke Scheiben schneiden.
Die rote Bete gut abwaschen und mit Schale in Salzwasser mit 5-6 Kümmelkörnern bissfest kochen. Schälen, in dünne Scheiben schneiden und mit einem Ausstecher runde Scheiben ausstechen.
Die Schalotten schälen oben und unten knapp abschneiden und aushöhlen, dass die äußeren beiden Blätter als eine Art Hohlkörper stehen bleiben. Die hohlen Schalotten in 180°C heißem Fett 1 min frittieren und abkühlen. Das Rinderfilet kurz vor dem Servieren durch die feine Scheibe beim Fleischwolf drehen und mit Ketchup, Salz und Pfeffer abschmecken. Dann vorsichtig in die abgekühlten Schalotten füllen und das Gericht servieren, da das Beef Tatar schnell unansehnlich grau wird.
Zum Anrichten mit einem Pinsel einen Strich mit dem reduzierten Rote-Bete-Saft ziehen und dann die einzelnen Komponenten darauf platzieren.
2. Gang: Labskaus mit pochiertem Ei
Dafür benötigt Ihr für 4 Personen
- 300 g Rinderbrust
- Pökelsalz
- 5 Scheiben Frühstücksspeck (Bacon)
- 3 rote Bete Knollen
- 250 g Matjes
- 100 g Salzgurken
- 400 g Kartoffeln
- ½ Möhre
- 2 Zwiebeln
- 4 Eier
- 2 Lorbeerblätter
- 1 Wacholderbeere, zerdrückt
- 2 Pimentkorn
- 6 Pfefferkörner
Die Rinderbrust in 6% Pökellake 48 h pökeln. Oder Ihr greift gleich auf vorgepökelte Brust zurück.
Vom Matjes 4 Streifen von 10×1 cm schneiden und für die Garnierung zur Seite legen.
Soviel Wasser in einem Topf zum Kochen bringen, dass die Brust später bedeckt ist. Die Zwiebel und Möhre schälen und in kleine Stücke schneiden und mit der Brust in das kochende Wasser geben. Dann die Gewürze in einem Gewürzsäckchen zugeben. Nach 30 min den Bacon und die geschälten Kartoffeln zugeben und weitere 30 min kochen, bis die Kartoffeln weich sind. Alles durch ein Sieb gießen, den Kochsud auffangen und die Gewürze raus suchen.
Ca. 40 g von der Rinderbrust in feine Würfel schneiden und in einer Pfanne mit etwas Öl zu krossen Croutons braten und für die Garnierung zur Seite legen.
Die rote Beete in einem seperaten Topf in gekümmeltem Salzwasser weich garen. Dann schälen und zusammen mit der Rinderbrust, den Zwiebel- und Möhrenstücken, den Kartoffeln, Bacon und dem Matjes und Salzgurken durch die mittlere Scheibe des Fleischwolfs drehen. Aufpassen! Rote Bete Farbe ist sehr hartnäckig. Soviel von dem passierten Kochsud unterrühren, bis die Masse schön geschmeidig ist.
Die Eier in siedendem Essigwasser in einer Kelle pochieren, so dass das Eigelb in der Mitte noch flüssig bleibt.
Zum Anrichten den Labskaus in einem Topf heiß rühren und mit 2 Esslöffeln in Nocken formen und mit dem pochierten Ei und den zur Seite gelegten Matjesstreifen und Rinderbrust-Croutons garnieren.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass viele, wenn nicht gar alle, Labskaus-Liebhaber Ihren Labskaus auf andere Art zubereiten. Ich nehme hier auch nicht in Anspruch ein Original-Rezept veröffentlich zu haben, aber auf diese Weise hat es mir so gut geschmeckt, dass ich es servieren konnte (Die Gäste haben Nachschlag verlangt) und auch so gut geschmeckt, dass das Rezept einen Platz hier in diesem Blog bekommt.
Fazit: Das Zubereiten hat viel Spaß und Freude gemacht, auch wenn mich die Farbe der roten Bete erstens noch immer in meiner Kochjacke begleitet und zweitens auch beim Anrichten das Farbspiel nachhaltig beeinflusst hat. Man kann Labskaus essen und es ist auch gar nicht gruselig, wie ich vermutet habe, aber das Geschmackserlebnis hält auch lange vor und er wird bei mir sicherlich nicht allzu häufig im Speiseplan auftauchen.
Labskaus entstand übrigens zu Zeit der Segelschifffahrt und wurde erstmals um 1700 in Aufzeichungen dokumentiert. Jedem Matrosen stand als Nahrungsration Pökelfleisch zu. Aber durch die Mangelernährung an Bord litten viele Matrosen unter Skorbut, einer Vitaminmangelkrankheit. Und durch den daraus resultierenden Zahnausfall, konnten viele keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen und so wurde die Portion Pökelfleisch kleingehackt und püriert. Wann und wie Kartoffeln und Fisch den Weg in die Rezeptur gefunden haben, ist nicht bekannt, aber ich vermute, dass das begrenzte Nahrungsmittelangebot an Bord so manchen Koch dazu gebracht hat, kreative Wege zu beschreiten. 😉
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