Feiertag, blauer Himmel und 25°C
Wie so ein schönes und sonniges Feiertags-Wochenende in der Gastronomie abläuft. Mal ein Einblick hinter die Kulissen von Tresen und Küche und die Sichtweise eines Gastronomen beispielhaft zu Pfingsten, aber gerne übertragbar auf Himmelfahrt, Ostern, Weihnachten und wahlweise auch noch andere Tage, an denen sich sehr viele Gäste gleichzeitig für dasselbe Restaurant entscheiden. Aber lest selbst.
Pfingsten, blauer Himmel und 25°C – es könnte so schön sein!
Eigentlich könnte es nicht schöner sein. Petrus verwöhnt uns mit Kaiserwetter über die Pfingstfeiertage. Die Hotels sind so gut wie ausgebucht. Die letzten „Zimmer frei“-Schilder werden abgehangen. Es könnte alles so schön sein.
Stau auf der Autobahn
Aber dann, Verkehrschaos in Norddeutschland. Die Autobahnen sind total überlastet. Der ADAC warnt seit Tagen vor dem befürchteten Stauchaos am Freitag und Samstag in die Ferienregionen an der Mecklenburger Seenplatte und Ostsee. Statt den gewöhnten 1-2 Stunden Anreise aus den Metropolen Berlin und Hamburg, brauchen manche Gäste 4-6 Stunden. Die Stimmung bei Ankunft im Hotel ist am Tiefpunkt. Selbst ein freundlicher Empfang an der Hotelrezeption reicht da nicht mehr aus. Die Empfangsmitarbeiterin, die übrigens auf Grund der verspäteten Anreise zahlreicher Gäste immer noch am Empfang steht, obwohl sie regulär schon seit 3 Stunden Feierabend hätte, schafft es auch trotz strahlendstem Lächeln nicht die Stimmung aufzuhellen.
Was ist passiert? Tausende Feriengäste haben sich nach dem Feierabend ins Auto gesetzt um in Ihren wohlverdienten Pfingsturlaub zu fahren. Das konnte nicht gut gehen. Zu viele Autos gleichzeitig auf zu wenig Straße. Auf Nachfrage im Verkehrsministerium, warum man die Strecken nicht 6- oder besser gleich 8-spurig ausbauen könne, kam die knappe aber verständliche Antwort, dass man den Ausbau nicht an den Spitzen, sondern an der normalen Auslastung orientiert. Eine Infrastruktur für die Spitzenzeiten zu schaffen, ist wirtschaftlich nicht rentabel. Es würde zwar den Moment entlasten, aber die Investitionen und der darauf folgende Unterhalt wären langfristig wirtschaftlich nicht zu stemmen.
Bei näherer Betrachtung stellt man fest, die Damen und Herren im Ministerium haben Recht. Keiner würde auf die Idee kommen, sich eine Wohnung mit 6 Schlafzimmern zu mieten, nur weil zweimal im Jahr die buckelige Verwandtschaft zu Besuch kommt. Dann rückt man zu dieser Zeit eben ein wenig enger zusammen. Kann auch schön sein.
Wartezeiten im Restaurant
Und genauso läuft es auch ab, wenn am Pfingstsonntag die gleichen Heerscharen, die noch 2 Tage zuvor im Stau gestanden haben, sich dann zum Mittagessen im Restaurant treffen. Auch hier treffen sich zu viele Gäste gleichzeitig. Es gibt den ersten etwas zähfließenden Verkehr auf der Terrasse, wenn der Gästen auffällt, dass man mit 12 Personen an einem Feiertag vielleicht doch vorher einen Tisch reservieren sollte. Den nächsten schon etwas größeren Stau gibt es dann am Tresen, wenn die Getränkebons der Kellnerbrigade sich gleichzeitig durch den engen Ausgang des Bondruckers quetschen und der Reihe nach abgearbeitet werden.
Zum ersten Stillstand kommt es dann, wenn sich die gleichen Bons nun nicht mehr mit Getränken sondern mit Essen am Pass in der Küche sammeln. Anrichten und Annoncieren im stetigen Wechsel bis Herd und Ofen voll sind. Dann muss die Leiste abgearbeitet werden, in der Reihenfolge der Bestellung. Und wenn ein frisch zubereiteter Zander mit allen Beilagen 15 min dauert, aber davon 18 Bestellungen in der Warteschleife hängen, dann kann er auch schon mal 45 min dauern. Also, wenn alles flüssig läuft.
Warum Sonderwünsche manchmal eine Katastrophe sind
Zum Supergau kommt es dann, wenn die Feuerwehr den Weg durch die Rettungsgasse sucht, um am Stauanfang dessen Grund zu beseitigen. Genau wie auf der Autobahn findet man auch im Restaurant immer den einen, der sein Auto nicht an die Seite fährt bzw. sein Essen mit Sonderwünschen spickt. Nicht, dass Küchenprofis nicht in der Lage sind, ein Bauernfrühstück zuzubereiten – auch wenn es nicht auf der Speisekarte steht – aber bei voller Terrasse an einem Pfingstsonntag ist der Sonderwunsch Bauernfrühstück ein Auto, dass die Rettungsgasse blockiert.
Natürlich sind Köche durchaus in der Lage statt Petersilienkartoffeln Pommes frites anzurichten und natürlich geht auch ein Cheeseburger ohne Käse und auch ein glutenfrei gebratener Zander, aber im automatisieren Arbeitsablauf bei dem jeder Handgriff tausendfach geprobt und erprobt ist, sind Sonderwünsche und Umbestellungen Störfaktoren, die den flüssigen Ablauf behindern. Im alltäglichen normalen Restaurantablauf fällt das nicht weiter ins Gewicht – ist ja schließlich auch unser Job – aber an Pfingsten und 250 Mittagessen gleichzeitig, kann das der Todesstoß sein, der den Ablauf ins Chaos stürzt.
Am Ende hilft nur: Ruhe bewahren!
In der Zwischenzeit springen die Mitarbeiter des Service mit Getränke- und Speisenannahme zwischen den Gästen hin und her. Die Küche verlangt nach Läufern, die das Essen zum Gast befördern, die Schaumkrone vom wartenden Bier am Tresen fällt langsam ein, Tische müssen abgeräumt werden, weil schon die nächsten Gäste in Warteposition sitzen. Und dann fällt dem 12er Tisch ohne Reservierung auf, dass sie doch lieber getrennt zahlen möchten, schließlich hatte Klaus ein großes Steak mit 2 Bier und Sandra nur einen kleinen Salat mit Apfelschorle (mit stillem Wasser).
Was tun? Mehr Köche, ein größerer Herd, mehr Mitarbeiter im Service und am besten noch 30 Tische mehr auf der Terrasse. Klingt erstmal gut, aber auch wir in der Gastronomie müssen unsere Investitionen in Ausstattung und Mitarbeiter am Regelgeschäft orientieren und nicht an den Spitzen. Das haben wir mit dem Autobahnbau gemein, obwohl ich irgendwie das Gefühl habe, bei den Autobahnen haben die Menschen verstanden, bei uns …?
Pfingsten, blauer Himmel und 25°C – es könnte so schön sein!
Und die Moral von der Geschicht …
… die gibt es nicht. Und eine Lösung für das Dilemma natürlich auch nicht. Spitzen werden immer auftreten und spontane Gäste können natürlich nicht reservieren. Aber vielleicht liest dies ja der eine oder andere Gast und denkt bei seinem nächsten Restaurantbesuch und voller Hütte daran. Ich bin mir sicher, in 90 % aller gastronomischen Betriebe tun die Mitarbeiter im großen Stress Ihr Möglichstes. Sie arbeiten nicht extra langsam und sie ignorieren auch keine Tische bewusst. An solchen Tagen wäre es schön, wenn die Gäste vorher reservieren, wenn möglich, und in jedem Falle auch ein bisschen Geduld mitbringen.
Die besten Sprüche unserer Gäste (tatsächlich alles erlebte O-Töne)
Und nun noch einige Stilblüten zu allgemeinen Erheiterung. Wir machen den Job wirklich gerne, auch an Tagen wie Pfingsten. Aber manchmal kann man sich Sachen anhören, die lassen einen zweifeln. Aber lest selbst:
Gast*: “ Sie müssen ja wohl ein paar Tische für die Gäste ohne Reservierung freihalten.“ Kellner: „Ja, hatten wir auch, aber die sind mittlerweile alle belegt.“ Gast: „Dann ist das hier eine Schei* Organisation.“
Gast: „Hier ist ja alles reserviert, sie haben es wohl nicht mehr nötig.“
Gast: „Ich sitze hier aber immer am Wasser und jetzt sind da alle Plätze belegt. Was können wir da machen?“ Kellner: „Warten.“ Gast: „Ich glaube, Sie haben mich nicht verstanden. Ich will einen Tisch am Wasser und nicht warten.“
Gast: „Können Sie nicht diese Herrschaften bitten, mit uns den Tisch zu tauschen. Wir möchten auf das Wasser schauen?“ (Anmerkung: Die Herrschaften, mit den getauscht werden sollte, waren an einem der begehrten Plätze am Wasser gerade beim Essen und genossen dabei den Blick auf das Wasser)
Gast: „Müssen wir HIER reservieren? Wir sind doch nicht in Berlin!“
Gast: „Wie, sie haben keinen freien Tisch? Wir sind extra zu Ihnen gekommen.“
Der Kellner findet den Namen nicht auf der Liste. Gast (m): „Na klar haben wir reserviert, auf den Namen ______! Gast (w): „Nein, haben wir nicht, du wolltest doch noch schauen.“ Gast (m): „Du blöde Kuh!“
Gast: „Reservierung? Nein! Warum? Wir sind doch nur 12 Personen.“
Kellner: „Es tut mir leid, aber ich kann Ihren Namen auf der Reservierungsliste nicht finden.“ Gast: „Ja, wir hatten ja auch für gestern reserviert, aber da war uns das Wetter zu schlecht, deswegen kommen wir heute. Ist ja wohl kein Problem, oder?“
Gast: „Na dann ist hier wohl morgen wegen Reichtum geschlossen.“
Gast: „Die Gäste dort an dem Tisch haben schon aufgegessen. Könnten Sie die bitte gleich kassieren. Dann können wir uns da hinsetzen.“ Kellner: „Die Gäste haben noch Eisbecher und Espresso bestellt.“ Gast: „Mit uns machen Sie doch wohl mehr Umsatz.“
Gast: „Wir brauchen keine Reservierung, wir wollen nur einen Cocktail trinken.“
Gast: „Wir brauchen keine Reservierung, wir sind Stammgäste!“
*Anmerkung: Es handelt sich bei den O-Tönen natürlich um verschiedene Gäste, nicht nur um einen.
Ja, ein bisschen mehr Verständnis von Gästen wäre wünschenswert, aber wird es wohl kaum geben. Die Mehrheit versteht einfach den Ablauf in der Gastronomie nicht.
Ich arbeite seit über 30 Jahren in einer Gaststätte mit großem Biergarten. Das war schon immer so und wird immer so sein. Die Gäste werden sich nicht ändern.
Danke für diesen Artikel. Ich habe heute dasselbe gedacht, hätte es aber nicht so gut ausdrücken können.
Wenn die Gäste nur halb so viel Verständnis hätte, dann häten wir doch garkeine Sorgen
Davon habe ich heute mindestens die Hälfte erlebt und der Tag ist noch nicht einmal vorbei
Hahahaha, genau so ist. WORD mein Freund, du bringst es perfekt auf den Punkt.
Ware Worte! Auch eine kleine Geschichte: Tegernsee im Februar mindestens 80 cm Schnee! Terrasse komplett eingeschneit, Dame im Pelz: Ich möchte im freien sitzen, machen sie mal einen Tisch frei!!!?