Fleisch hat keine Poren!
Das hört man immer wieder: „Man sollte Fleisch scharf anbraten, damit sich die Poren schnell schließen und das Fleisch saftig und zart bleibt.“
Was passiert beim Anbraten?
Aber Fleisch hat gar keine „Poren“, es gibt also keine Löcher, die es zu schließen gäbe. Fleisch besteht aus Muskelzellen. Beim Anbraten werden die Oberflächenproteine der äußeren Zellen karamellisiert, diese so genannte Maillard-Reaktion sorgt für die wohlschmeckende Kruste. Es gibt aber keinerlei Anzeichen dafür, dass diese Kruste wasserdicht ist und den Fleischsaft im Fleischinneren zurückhält. Ansonsten würde sich ja auch keine Bratfond in der Pfanne bilden oder unter Steaks die berühmte Saftlache bilden, sobald man sie auf den Teller legt.
Profis raten zum Garen bei niedrigen Temperaturen, wenn das Fleisch saftig bleiben soll. Der einzige Vorteil des scharfen Bratens liegt in der kurzen Garzeit – der Saft hat bis zum Erreichen der gewünschten Garstufen einfach nicht genügend Zeit das Fleisch zu verlassen.
Was ist Niedertemperatur und rückwärts garen?
Viele Köche arbeiten mittlerweile nach diesem Prinzip und garen das Fleisch bei Niedertemperatur oder Sous-Vide.
Klassischerweise wird Fleisch bei starker Hitze angebraten und dann gleich in der Pfanne fertig gegart oder im Ofen auf die richtige Temperatur gezogen. Es setzt sich aber immer mehr der Trend zum schonenden Garen bei niedriger Temperatur durch.
Beim Sous-Vide Garen wird das Fleisch vakumiert im Wasserbad auf Niveau der gewünschten Ziel-Kerntemperatur gegart. Wenn man lange genug wartet, ist das Fleisch im Kern genauso warm, wie das Wasser außerherum. Ist ja logisch.
Beim Niedertemperaturgaren geht man mit der Temperatur ein wenig höher. Das passiert meist im Backofen und ein zu langer Garvorgang würde das Fleisch zwar schonend auf Temperatur bringen, aber auch Austrocknen. Hier muss man die richtige Balance zwischen schonendem Garen und der Garzeit finden. Meist liegt die Temperatur zwischen 80 und 120°C. Und das Fleisch wird bis zur gewünschten Kerntemperatur bzw. 2-3 Grad darunter gezogen.
Das Fleisch ist fertig gegart, aber jetzt fehlt noch die geschmackvolle und knusprige Kruste. Die Kruste wird dann nachträglich durch sogenanntes Rückwärtsgaren durch scharfes Anbraten nach dem eigentlichen Garvorgang in der Pfanne, auf dem Grill oder Abflämmen mit dem Bunsenbrenner aufgebracht. Das Problem beim Niedertemperaturgaren ist ja, dass das Fleisch zwar butterzart, aber bei 57-59°C Kerntemperatur (rosa, medium, a point) tranchiert, angerichtet und serviert dann am Tisch meist nur noch lauwarm bis kalt ist. Durch den Rückwärtsprozess wird dem Fleisch nach dem Garen am Ende noch mal ordentlich mit Hitze zugesetzt. Das hat erstens zur Folge, dass das Fleisch warm ist und zweitens enstehen durch die Maillard-Reaktion erst die gewünschten und wohlschmeckenden Röst- und Aromastoffe. Die Kruste! Die intensive Hitzeeinwirkung hat – wenn man es nicht übertreibt – auf Grund der zur geringen Dauer keinen Einfluss auf den Garzustand.
„Poren“ bzw. richtige Löcher durch die der Fleischsaft nun wirklich autreten kann, schafft man übrigens durch die Unart das Fleisch mit der Gabel anzustechen, um es zu wenden und zu drehen.
Immer wieder wird auch behauptet, „man solle das Fleisch erst nach dem Garen salzen“, weil ihm sonst durch Osmose die Flüssigkeit entzogen würde. Dieser Vorgang tritt allerdings erst nach 15 min ein, also wenn das Kurzgebratene die Pfanne längst wieder verlassen hat. Dieselbe Begründung wie oben. Die Zeit reicht einfach nicht aus, um den Fleisch den Saft zu entziehen.Allerdings kann man durch Salzen nach dem Garen das Gericht optisch aufwerten, besonders wenn man grobkörniges oder farbiges Salz zum Würzen verwendet.
Wenn man Kurzbratstücke tranchiert servieren möchte, sollte man das Fleisch nach dem Garen 5-8 min ruhen lassen, so hat der Fleischsaft die Möglichkeit sich wieder gleichmäßig im Fleisch zu verteilen und tritt nicht gleich beim ersten Anschitt aus. Sieht auch nicht so schick auf dem Teller aus. Hat man das Fleisch bei Niedertemperatur gegart, muss man natürlich nicht warten, sondern kann gleich loslegen.
[…] die gewünschten Röst- und Aromastoffe zu entwicklen. Genauer habe ich diesen Prozess im Artikel Fleisch hat keine Poren […]
[…] auf Kerntemperatur gebracht und wird butterzart. Wie genau das funktioniert, habe ich im Artikel Fleisch hat keine Poren […]